Die Ruhe nach dem Sturm? Medikalisierte Alltage im Zeiten der Covid-19-Pandemie

Date
Jul 7 , 2022 

Online-Arbeit­str­e­f­fen des Net­zw­erks Gesund­heit und Kul­tur in der volk­skundlichen Forschung am 7. Juli 2022


Seit nun­mehr zwei Jahren prägt die glob­ale COVID-19-Pan­demie als größte gesellschaftliche Krise seit dem Zweit­en Weltkrieg das öffentliche und pri­vate Leben, und in beson­derem Maße den Gesund­heits­bere­ich. Sie führt uns vor Augen, wie ver­flocht­en die Welt miteinan­der ist, wirft Fra­gen nach Ver­ant­wor­tung, Sol­i­dar­ität und Human­ität auf – denkt man etwa an die Ver­sorgung der Entwick­lungslän­der mit Impf­stof­fen, medi­zinis­ch­er Schutzk­lei­dung oder Medika­menten und hat, auch abseits poli­tis­ch­er Debat­ten und Entschei­dun­gen, unseren All­t­ag stark verändert.

Zeitlich gese­hen lässt uns die Pan­demie ein immenses Aus­maß spüren: Während man anfangs noch ein rasches Ende der Ein­schränkun­gen erhoffte, so lehrt uns die aktuelle Sit­u­a­tion, dass die durch die Pan­demie aus­gelösten Krisen uns selb­st nach Eindäm­mung der hohen Virus­last beschäfti­gen wer­den. Eine Welle fol­gt der anderen und der Über­gang in die Endemie ist in Deutsch­land weit­er­hin ungewiss, gle­ich­wohl die Debat­te um den sog. „Free­dom Day“ medi­al die Stim­mung erhitzt. Während einiges im All­t­ag träge erscheint, so mussten etwa im Gesund­heitssek­tor viele drin­gende Fra­gen in sehr kurz­er Zeit gek­lärt wer­den, sei es die anfänglichen Lock­down-Regelun­gen, die Impf­stof­fverteilung, Reisebeschränkun­gen sowie eine mögliche Imp­fimpflicht bzw. Anpas­sung der Impf­stoffe an neue Virus­vari­anten (eine Lang­fas­sung des Calls find­en Sie im ange­hängten pdf)

Die Covid-19-Pan­demie zeigt sich als ein mul­ti­di­men­sion­ales Phänomen, das sich aus viel­er­lei Rich­tun­gen beforschen lässt. Die hier anzukündi­gende Net­zw­erk­ta­gung möchte sich mit speziellen medikalen All­t­agswel­ten beschäftigen.

Arbeitsfragen des Netzwerktreffens

Fokussieren möcht­en wir mit dem aktuellen Net­zw­erk­tr­e­f­fen die kul­turellen, sozialen und anthro­pol­o­gis­chen Verän­derun­gen im Rah­men gesund­heit­srel­e­van­ter All­t­ags­the­men, die sich durch die Maß­nah­men zur Eindäm­mung der Pan­demie ergeben haben:

Wie wur­den soziale Iso­la­tion und Entkräf­tung beispiel­sweise in „Lock­down-Zeit­en“ ver­ar­beit­et? Welche kör­per­lichen, seel­is­chen und emo­tionalen Spuren der Erschöp­fung zeigen sich bei Einzel­nen und sozialen Grup­pen? Wie wurde emo­tionale wie kör­per­liche Be- und Über­las­tung beispiel­sweise in Gesund­heits­berufen und anderen „sys­tem­rel­e­van­ten“ Berufen erfahren?
Welche Auswirkun­gen hat­ten eigene oder Covid-19-Erkrankun­gen im per­sön­lichen Umfeld auf die eigene Lebenswelt?
Welche (alter­na­tiv­en) Möglichkeit­en der Erhol­ung oder Regen­er­a­tion wurden/werden genutzt? Welche Möglichkeit­en der Resilienz kon­nten aktiviert werden?
Welche Ver­suche und Nor­mal­isierungsstrate­gien wer­den in konkreten All­t­agswel­ten unter­nom­men, „mit dem Virus zu leben“? Welche Verän­derun­gen haben sich im sozialen und kul­turellen Umgang im All­t­ag etabliert?
Welche Auswirkun­gen hat die lange Pan­demiesi­t­u­a­tion auf chro­nis­che Erkrankungen?
Wie wer­den medi­ale Infor­ma­tio­nen und sub­jek­tive Erfahrungswel­ten im Umgang mit Covid-19 ver­ar­beit­et und in konkreten All­t­a­gen verhandelt?
Auf welche Konzepte von Sol­i­dar­ität, Ver­ant­wor­tung, und Ver­trauen wird in Krisen­zeit­en rekurriert?

Dies sind nur einige grobe Charak­ter­isierun­gen, deren inhaltliche-funk­tionale Dimen­sion in medikalen All­t­a­gen The­ma der hier anzukündi­gen Net­zw­erk­ta­gung sein können.

Das 19. DGEKW-Net­zw­erk­tr­e­f­fen 2022 ist gle­ich­sam das erste Tre­f­fen seit Pan­demiebe­ginn. Selb­stver­ständlich sollte sich bei aller Ermü­dungser­schei­n­ung ob des The­mas dieses Tre­f­fen daher wis­senschaftlich der Pan­demie wid­men, um aus kul­tur- und medi­z­inan­thro­pol­o­gis­ch­er Per­spek­tive einen Blick auf die ver­gan­genen zwei Jahre zu werfen.Angesprochen sind wie immer Wissenschaftler*innen aus den Bere­ichen der Europäis­che Ethnologie/Kulturanthropologie, Medi­z­inan­thro­polo­gie und ‑eth­nolo­gie, Sozi­olo­gie, Geschichte, Geschlechter­forschung, Medi­zin, Medi­en­wis­senschaften und anderen Diszi­plinen, die sich aus kul­tursen­si­bler Per­spek­tive mit diesen Fra­gen auseinandersetzen.

Darüber hin­aus spricht das Net­zw­erk ins­beson­dere Nachwuchswissenschaftler*innen an sich am inter­diszi­plinären Aus­tausch zu beteili­gen. Wie auch bei den ver­gan­genen Tagun­gen sind Kolleg*innen in ver­schiede­nen Qual­i­fizierungsphasen (BA/MA//Dissertation/Habilitation) beson­ders ange­sprochen, ihre Fragestellungen/ Werkstattberichte/ Meth­o­d­en und/oder Ergeb­nisse im Rah­men der Net­zw­erk­ta­gung zum The­ma „Die Ruhe nach dem Sturm? Medikalisierte All­t­age im Zeit­en der Covid-19-Pan­demie“ vorzustellen und zu diskutieren.

Programm zum Download