Date
Mar 23 – Mar 24, 2023
Tagung an der Universität Augsburg
Wie fragil sich Feldzugänge für Gesundheitsforscher*innen häufig gestalten, hat die Covid-19-Pandemie auch und gerade im Hinblick auf ethnografische Forschung in medizinischen Settings gezeigt. Doch nicht nur Lockdowns und verschärfte Besucher*innenregelungen können Feldforschung in der Medizin beeinflussen, erschweren oder unter Umständen sogar verunmöglichen. Medizinische Institutionen erweisen sich häufig als stark reglementierte Orte, die nicht unbedingt einfach ethnografisch zu erforschen sind. Dies zeigt sich beispielsweise an ausgeprägten (Wissens-)Hierarchien, spezifischen Hygienevorschriften oder regulierten(Fach-)Kompetenzen, die eine wirklich teilnehmende Beobachtung beeinträchtigen können. Zudem kommen Ethikkommissionen und besonders strenge Datenschutzregelungen zum Schutz vulnerabler Gruppen eine besondere Rolle im Gesundheitssektor zu, wodurch die Feldforschung sich hier möglicherweise anders gestaltet als in anderen Kontexten. Neben diesen feldspezifischen Hürden werden auch immer wieder »klassische« Probleme und Grundsatzfragen ethnografischer Forschung evident: Wann und wie steige ich am besten
in mein Feld ein – und wieder aus? Welchen Logiken folgt mein Feld – und wem folge ich? Und welche Rolle(n) kann, darf und will ich in welchem Setting einnehmen? Ethnografische Zugänge zu Gesundheit sind in diversen Disziplinen von großer Beliebtheit, können aber auch besonders herausfordernd sein. Diese Tagung möchte insbesondere Wissenschaftler*innen in der »frühen Phase« ihrer Karriere zum Austausch über ihre Erfahrungen als Forschende im Gesundheitswesen ermutigen. Wir möchten Raum bieten für das Sprechen über das Scheitern, über Umgehungs- und Lösungsstrategien, über Modifikationen. Wir interessieren uns für Eure Geschichten aus der Praxis, über Euer Kopfzerbrechen am Schreibtisch, für Eure Reflexionen über Eure Rolle im Feld. Das übergeordnete Ziel dieser Tagung ist es, Forscher*innen aus diversen Disziplinen, die sich mit den gesellschaftlichen Aspekten von Krankheit und Gesundheit befassen, zusammenzubringen, um über ihre Forschung in verschiedenen medizinischen Feldern und über unterschiedlichste Akteur*innen sowie Berufsgruppen im Gesundheitssystem gemeinsam (methodologisch) zu diskutieren.
Von Interesse könnten folgende Fragen sein:
Was bedeutet es, Insider*in/Outsider*in zu sein im Kontext medizinischer Forschung?
Wie wichtig ist eigenes Erfahrungswissen, z.B. im Gespräch mit Patient*innen?
Welche Umgangsweisen helfen bei der Distanzierung (und Befremdung) im Feld, und wie geht man mit möglichen eigenen (medizinischen/pflegerischen) Fachkompetenzen um?
Inwiefern unterscheiden sich der Lai*innen- und Expert*innen-Status im Hinblick auf Krankheit/Gesundheit im Vergleich zu anderen Feldern?
Welche autoethnografischen Perspektiven bringen wir als (private) Mitglieder des Gesundheitssystems mit – und ein?
Wie können ethnografische Zugänge zu einem vertieften Verständnis der zunehmenden Digitalisierung, Technologisierung und Personalisierung des Gesundheitssystems beitragen?
Welche Rolle spielen Materialität(en) und Körperlichkeit(en)?
Wie sind sie zu begreifen und zu gewichten in einem Feld, in dem der Körper häufig als Dreh- und Angelpunkt fungiert?
Gerahmt wird der Austausch durch Keynotes von Prof. Dr. Milena Bister (HU Berlin) und Prof. Dr. Cornelius Schubert (TU Dortmund). In Euren Vorträgen soll es allerdings weniger um das große Ganze gehen. Um den Mehrwert, aber auch die Herausforderungen ethnografischer Feldforschung im Gesundheitswesen exemplarisch darzustellen, würden wir Euch bitten, Eure Beiträge eher inputorientiert zu konzipieren und einen Problemaufriss zu skizzieren oder eine Lösungsstrategie nachzuzeichnen; der Schwerpunkt soll primär auf der gemeinsamen Diskussion liegen.
Bitte schickt Euer Abstract (ca. 350 Wörter) bis zum 1. Dezember 2022 an Ann Kristin Augst (ann.kristin.augst@uni‑a.de) und Bianca Jansky (bianca.jansky@uni‑a.de).