Gender und Medizin
Themenschwerpunkt hrsg. von Barbara Wittmann & Alena Mathis
Der Schwerpunkt „Gender und Medizin“ dieser Curare-Ausgabe erforscht historisch gewachsene und nachhaltend wirkende geschlechtsspezifische Ungleichgewichte innerhalb unserer medizinischen Strukturen sowie deren Einfluss auf unseren alltäglichen Umgang mit Krankheit und Gesundheit. Die versammelten Beiträge schließen an Erkenntnisse von kritisch-feministischen Initiativen und der Frauengesundheitsbewegung an. Sie fragen danach, warum Menschen abhängig vom Geschlecht unterschiedlich krank werden und wie mit diesen Erkrankungen aufgrund spezifischer soziokultureller Prägungen umgegangen wird. Dabei werden zum einen historische Entwicklungen nachgezeichnet und darauf auf-bauend aktuelle Bedingungen genderbezogener Machtverhältnisse untersucht. Der Begriff der „Gender-Medizin“ soll dabei helfen, marginalisierte Perspektiven in den Fokus zu rücken, um die Betrachtung des cis-männlichen Körpers als medizinisch-pharmazeutische Norm zu überwin-den, und ein neues Verständnis und einen Umgang mit Ungleichheiten in der klinischen Versorgung zu erreichen. Auch wird angestrebt, die eurozentrische Blickverengung (selbst-)kritisch zu reflektieren, um die bislang kaum thematisier-ten kolonialen Auswirkungen der „medizinischen Expansion“ differenziert zu beleuchten.Wie die kritischen Beiträge dieser Ausgabe zeigen, ist „Gender-Medizin“ in vielen Teilen des medizinischen Betriebs noch eine Utopie bzw. ein „Nicht-Raum“. Wir als Curare-Redaktion sind froh darüber – in Abwesenheit eines Ortes, an dem die Medizin so praktiziert wird, wie es sich die Autor*innen und Forschungspartner*innen wünschen –, zumindest einen Denk-Raum eröffnen zu können. Wir hoffen, dass die Beiträge helfen, eine Weiterentwicklung der Medizin hin zu einem inklusiveren und gerechteren Projekt anzustoßen