Dokumentation

Geschichte der AGEM

Die Arbeits­ge­mein­schaft Eth­nolo­gie und Medi­zin wurde als „AG Eth­nomedi­zin“ (AgE) am 10.10.1970 in Ham­burg als Vere­in von dem Eth­nolo­gen Joachim Ster­ly im Rah­men sein­er seit 1969 beste­hen­den „Arbeitsstelle für Eth­nomedi­zin“ (AfE) gegrün­det. 1969 wurde auch im Rah­men der dama­li­gen Tagung der Deutschen Gesellschaft für Völk­erkunde in Göt­tin­gen die Arbeits­gruppe „AG Eth­nomedi­zin, Eth­nob­otanik und Eth­no­zo­olo­gie“ gegrün­det, die bis 1973 bestand. Die Geschichte der Entste­hung dieser „Eth­nomedi­zin“, die den fol­gen­den „eth­nomedi­zinis­chen Diskurs“ im deutschen Sprachraum in den fol­gen­den Jahrzehn­ten nach­haltig geprägt und kann in den ersten drei „Mit­teilun­gen der Arbeitsstelle“ nachver­fol­gt werden. 

In dieser Arbeitsstelle ist auch die Zeitschrift Eth­nomedi­zin. Zeitschrift für inter­diszi­plinäre Forschung ent­standen. Das erste Her­aus­ge­berteam war der Grün­der Joachim Ster­ly selb­st (zu Ster­ly siehe Zeitschrift Eth­nomedi­zin), dem sozialpsy­chi­a­trisch aus­gerichteten Psy­chi­ater und Psy­cho­an­a­lytik­er Ger­hard Rud­nitz­ki aus Hei­del­berg und dem Kinder­arzt Wern­er Stöck­lin aus Riehen bei Basel. 

Die Arbeits­ge­mein­schaft erhielt ihr Akro­nym AGEM bei der 5. Mit­gliederver­samm­lung 1976 in Hei­del­berg, auf der auch die Satzung über­ar­beit­et wurde. 

• Die Arbeitsstelle für Eth­nomedi­zin wurde am 25. August 1969 in Ham­burg von Joachim Ster­ly (1926–2001) gegrün­det und war Keimzelle der Arbeits­ge­mein­schaft Eth­nomedi­zin (AGEM, ursprünglich­es Akro­nym bis 1976 AgE) und der Zeitschrift Eth­nomedi­zin („Eth­nomedi­zin. Zeitschrift für inter­diszi­plinäre Forschung“). Diese wurde am 10. Okto­ber 1970 eben­falls von ihm gegrün­det. Die Mit­teilun­gen der Arbeitsstelle (ab 1969) wur­den von Nr. 4 – 17 in die Eth­nomedi­zin inte­gri­ert. Die ersten drei Aus­gaben 1969–1970) wur­den ger­ingfügig gekürzt in Curare 34(2014)4 wieder abge­druckt. 1971 erschien die Zeitschrift Eth­nomedi­zin erst­ma­lig, wobei die Arbeitsstelle bis zum Ein­stellen der Eth­nomedi­zin mit Vol. VII, 1–4 (1981/2) die Her­aus­gabe vor Ort besorgte.

In den ersten Jahren des Erscheinens war die Zeitschrift mit der AgE ver­bun­den, später Organ des Arbeit­skreis­es Eth­nomedi­zin Ham­burg, der sich ab ca. 1975 um Joachim Ster­ly, dem Grün­der der Arbeitsstelle und der Zeitschrift Eth­nomedi­zin neu grup­pierte. Der Arbeit­skreis, später „Arbeit­skreis Eth­nomedi­zin Ham­burg – Köln“, wurde 1982 umstruk­turi­ert und 1986 aufgelöst, mit ihm die Ham­burg­er Arbeitsstelle (siehe Mitt. Ak. Eth­nomed. No. 18, Juli 1986).

• Eine wichtige eth­nomedi­zinis­che Tagung wurde als Sym­po­sium in diesem Kreis im Jahre 1980 organ­isiert und unter der Schirmherrschaft von Charles Lich­t­en­thael­er (1915–1993), Pro­fes­sor für Medi­zingeschichte an der Uni Ham­burg, durchge­führt, wo auch wieder Kon­tak­te zur AGEM geknüpft (siehe Curare 3[1980]3: 133) und Mitar­beit­er für die 1978 gegrün­dete Zeitschrift Curare gewon­nen wer­den.

Sym­po­sium „Eth­nomedi­zin und Medi­zingeschichte“, 2.–4. Mai 1980 in Ham­burg, ist kom­plett im VIII. und let­zten Band der Rei­he „Beiträge zur Eth­nomedi­zin, Eth­nob­otanik und Eth­no­zo­olo­gie“ doku­men­tiert (BEEE VIII).

Der Inhalt ist in einem Reprint des Index der Zeitschrift Eth­nomedi­zin in Curare 24(2001)225–256, hier S. 255–256 BEEE VIII, 1983 festgehalten.

Rest­bestände der Zeitschrift sind noch vorhan­den; Anfrage über AGEM oder Ekke­hard Schröder ee.schroeder@t‑online.de 

[Text: Reprint aus MAGEM 22/1993, Curare 16(1993)3+4: 332–333, für diese Web­site aktu­al­isiert und ger­ingfügig überbearbeitet]

Die Zeitschrift Eth­nomedi­zin. Doku­men­ta­tion und Reg­is­ter 1971–1982

Nachruf auf Joachim Ster­ly (1926–2001) von Claus Deimel

Die Mit­teilun­gen der AGEM (MAGEM) erschienen seit 1975 als schnelles Info-Medi­um in unter­schiedlich hoher, teils bedarf­s­ges­teuert­er Auflage (bis 300 Ex. Aus­lage bei DGV-Tagun­gen zum Beispiel in der Phase der Neugestal­tung der AGEM beim Über­gang von Ham­burg nach Hei­del­berg wur­den sie ab Nr. 5 auch als Vor­posten ein­er neuen Zeitschrift (ZAGEM) ver­standen. 1983 wur­den sie ab Nr. 15 in die regelmäs­sig erscheinen­den Curare inte­gri­ert. Sie doku­men­tierten auch die einge­sandten Neuzugänge an Schrift­tum (Mono­gra­phien, Artikelsep­a­rate und Zeitschriften) für die sich ab 1975 bildende Lit­er­atur­samm­lung (LAGEM).

Hier kann der Beginn im Reprint der ersten Aus­gabe ver­fol­gt wer­den (Curare 35.2012.4: 291–296).

Die Doku­men­ta­tion wird fortgesetzt.

Die Rei­he „Curare-Son­der­bände“ war ein weit­eres Medi­um der AGEM neben der Zeitschrift Curare. Es han­delt bei dieser Rei­he um Büch­er mit einem Her­aus­ge­berteam oder einzel­nen Herausgeber.innen, die auch so zitiert wer­den müssen, um sie aufzufind­en. Mehrheitlich wur­den in den Curare-Son­der­bän­den die „Fachkon­feren­zen Eth­nomedi­zin“ in zum Teil aus­gewählter und zugle­ich erweit­ert­er Form ver­tieft. Die ersten sieben Curare-Son­der­bände sind auch bei Fachkon­feren­zen doku­men­tiert und im Ver­lag Vieweg Wiesbaden/Braunschweig erschienen.

Die ersten sechs Son­der­bände sind seit 2016 im Reprint im Springerver­lag neu erschienen. Einige Artikel sind in ver­schiede­nen Heften der Zeitschrift Curare als Reprint erschienen. 

Die Curare-Son­der­bände 8 bis 16 sind im VWB-Ver­lag für Wis­senschaft und Bil­dung, Berlin erschienen (sehe auch Rei­hen). Die Inhalte kön­nen in der Web­site vom VWB einge­se­hen werden. 

Die AGEM führt seit 1973 entsprechend ihrer Satzung regelmäßige Fach­ta­gun­gen durch, die in den ersten Jahren zwei­jährig mit För­der­mit­teln durchge­führt wur­den. Sie soll­ten alternierend zu den zwei­jähri­gen Fachkon­feren­zen der Gesellschaften für Volk­skunde und Völk­erkunde (dgv und DGV, dama­lige Beze­ich­nun­gen) laufen und waren streng inter­diszi­plinär aus­gerichtet. Sie liefen unter dem Label „Fachkon­feren­zen Eth­nomedi­zin“. So war auch der Titel der Ersten in München. Das Doku­ment dazu ist der Reprint des Ein­führungsvor­trags „Eth­nomedi­zin als inter­diszi­plinäres Arbeits­feld“ von Joachim Ster­ly, dem Grün­der der AGEM in Curare 33 (2010) 3+4: 241–44. PDF

Ein aus­führlich­er doku­men­tarisch­er Überblick zu den ersten 10 Fachkon­feren­zen erschien in Curare 16(1993)3+4 und wird als restau­ri­erte PDF hergestellt. Eine Kurz­fas­sung der ersten und der let­zten Seite ist hier aus einem späteren Info leicht über­ar­beit­et abgedruckt. 

Def­i­n­i­tio­nen zum Begriff „Eth­nomedi­zin“

Im deutschen Sprachraum 1969 – 2000

Der Begriff Eth­nomedi­zin geht auf eine Prä­gung des Wiener Eth­nolo­gen und Arztes Erich Drobec 1953 zurück und ist am deut­lich­sten in seinem Auf­satz „Zur Geschichte der Eth­nomedi­zin” dargestellt, (Anthro­pos 50.1955: 950–957, Reprint in Curare 28.2005,2: 3–10).

1969

Eth­nomedi­zin befasst sich mit jed­er Heilkunde gle­ich welch­er eth­nis­chen Herkun­ft und Kul­turzuge­hörigkeit, die nicht wis­senschaftlich im Sinne der akademis­chen Medi­zin ist. Sie bemüht sich fern­er um eine Erforschung der lebensweltlichen Voraus­set­zun­gen von Krank­sein und Heilung, sofern sie von der natur­wis­senschaftlichen Medi­zin nicht geleis­tet wer­den kann. (Arbeits­gruppe Eth­nomedi­zin, Eth­nob­otanik, Eth­no­zo­olo­gie der Deutschen Gesellschaft für Völk­erkunde e. V. am 9.10.1969)

1970

Der Ter­mi­nus Eth­nomedi­zin beze­ich­net nach Auf­fas­sung der Ini­tia­toren ein­mal die Volksmedi­zin, d.i. die außer­halb der wis­senschaftlichen Meth­ode und Tra­di­tion über­lieferte Krankheits- und Heilkunde gle­ich welch­er eth­nis­chen Herkun­ft, zum anderen bezieht er sich auf das geschichts- und gesellschaftswis­senschaftliche Studi­um sowohl der Volksmedi­zin als auch der Gegeben­heit­en unser­er Lebenswelt, mit denen die wis­senschaftliche Medi­zin teil­nehmend ver­bun­den ist, ohne sie ihrer Bedeu­tung gemäß berück­sichti­gen zu kön­nen. Es ist also nicht nur an die Medi­zin alter Hochkul­turen und die im Ver­schwinden begrif­f­ene Insti­tu­tion des Medi­z­in­mannes und Schama­nen zu denken, die ins­beson­dere für die Medizin‑, Reli­gions- und Kul­turhis­to­rie von Inter­esse ist, son­dern eben­so an das gegen­wär­tig tradierte eth­nomedi­zinis­che Wis­sen über­haupt. Fern­er wären nicht nur das soziale Ver­hal­ten von Patien­ten in Län­dern der Drit­ten Welt zu unter­suchen, das dem dort täti­gen europäis­chen Arzt manche Rät­sel aufgibt, son­dern eben­so bes­timmte Befind­ens- und Ver­hal­tensweisen in unser­er eige­nen Kul­tur. Die Eth­nomedi­zin set­zt sich aus­drück­lich zum Ziel, die Forschungsar­beit der Medi­z­in­his­to­rie und Medi­zin­sozi­olo­gie, aber auch der Geomedi­zin, Arbeitsmedi­zin und Sozialmedi­zin sowie der Sozialpsy­chi­a­trie zu ergänzen und zu unter­stützen. Als inter­diszi­plinär­er Arbeits­bere­ich kann sie keine wis­senschaftliche Diszi­plin sui gener­is bilden. Nicht zulet­zt hat das in der Bun­desre­pub­lik bish­er stark ver­nach­läs­sigte Studi­um der Humanökolo­gie von der Eth­nomedi­zin neue Impulse zu erwarten.
(Aus Ster­ly, Denkschrift an die Stiftung Volk­swa­gen­werk 21.8.1970)

1971

Eth­nomedi­zin oder Eth­noia­trie ist keine Diszi­plin der Schul­medi­zin, ja nicht ein­mal eine eigene wis­senschaftliche Diszi­plin. Sie wäre anzus­prechen als inter­diszi­plinär­er Bere­ich zwis­chen Ethno­grafie oder Eth­nolo­gie und Medi­zin. Streng genom­men befasst sie sich mit der Krankheits- und Heilkunde, die nicht wis­senschaftlich im Sinne der akademis­chen Medi­zin ist, gle­ich welch­er eth­nis­chen Herkun­ft sie sein mag.
(Eth­nomedi­zin. Zeitschrift für Inter­diszi­plinäre Forschung Bd. I (1971)1: 8)

1973

Direk­tiv­en für eine anthro­pol­o­gis­che Krankheit­slehre. Die Anthro­polo­gie hat keine Krankheit­slehre aus­ge­bildet, ver­gle­ich­bar der­jeni­gen der Medi­zin, zumin­d­est wird Krankheit nicht als pathol­o­gis­che Verän­derung ver­standen. Die von der Zel­lu­larpatholo­gie aus­ge­hende natur­wis­senschaftliche Krankheit­slehre der mod­er­nen Schul­medi­zin deckt die Sit­u­a­tion des Kranken in der men­schlichen Lebenswelt nur unzure­ichend auf und ist daher für die Anthro­polo­gie nicht verbindlich. Eine anthro­pol­o­gis­che Krankheit­slehre hätte sich mit der Lebenssi­t­u­a­tion des Kranken zu befassen, ohne Leben im Sinne der Biolo­gie aus­drück­lich als „Leben­sprozess“ zu definieren. Anthro­pol­o­gisch ver­standen ist Leben irdis­ches Dasein, das zwis­chen Geburt und Tod befris­tet ist. Geburt und Tod wer­den als Gren­zsi­t­u­a­tio­nen begrif­f­en. Krank­sein und Ster­ben müssen gehören eben­so zum Dasein wie Gesund­sein. Die inner­halb der Medi­zin berechtigte Abgren­zung der Gesund­heit gegen die Krankheit charak­ter­isiert das Leben als solch­es nicht. Die bekan­nte Def­i­n­i­tion der Welt­ge­sund­heit­sor­gan­i­sa­tion: „Gesund­heit ist ein Zus­tand völ­li­gen kör­per­lichen, seel­is­chen und sozialen Wohlbefind­ens“ genügt dem Anthro­polo­gen nicht. Ein Men­sch kann sich kör­per­lich, seel­isch und sozial unwohl befind­en, ohne krank sein zu müssen. Der Anthro­polo­gie geht es eigentlich nicht um die Krankheit­en, son­dern um das Krank­sein und die Krankheitssi­t­u­a­tio­nen. Im Unter­schied zu den Krankheit­en in der Medi­zin wird das Krank­sein in der Anthro­polo­gie nicht auss­chließlich neg­a­tiv bew­ertet. Eine Krankheitssi­t­u­a­tion kann dem Men­schen die Möglichkeit geben, wieder zu sich zu kom­men, sich zu ent­fal­ten und reifer zu wer­den. So gehen die Entwick­lungsstufen des gesun­den Kindes vielfach mit Kinderkrankheit­en ein­her, die ihm Immu­nität und Wider­stand­skraft geben. Anders als die Welt­ge­sund­heit­sor­gan­i­sa­tion würde ich Gesund­heit als Möglichkeit oder bess­er Frei­heit ver­ste­hen, sich mit Krankheit auseinan­derzuset­zen und sie zu über­winden. (Joachim Ster­ly: Refer­at Juni 1973 Ham­burg für Lan­deszen­trale für poli­tis­che Bil­dung Nordrhein-Westfalen)

Eth­nomedi­zin. Möglichkeit­en und Gren­zen inter­diszi­plinär­er Zusam­me­nar­beit“, Texte 1969 – 1973, vorgelegt von Joachim Ster­ly auf der 1. Fach­ta­gung der Arbeits­ge­mein­schaft Eth­nomedi­zin, München 19.  – 20. Okto­ber 1973 (PDF wird nachgetragen).

1977

Eth­nomedi­zin (gr. eth­nos Volk): als anthro­polog. Diszi­plin beschreibt E. in Anlehnung an eth­nolog. Meth­o­d­en i.e.S. Konzepte von Gesund­heit, Krankheit u. Heilung in Eth­nien u. Pop­u­la­tio­nen jeglich­er Prove­nienz. I.w.S. ver­gle­icht E. ver­schiedene Heil­weisen und unter­sucht deren Inter­ak­tion durch ihre Träger in Kon­tak­t­si­t­u­a­tio­nen. Eine bes. Auf­gabe bildet neben dem sam­mel­nden Beschreiben der Heilmit­tel, ‑tech­niken u. ‑konzepte heute vor allem im Rah­men mod­ern­er Gesund­heit­s­pla­nung für die E. die Kon­flik­t­analyse in med. Trans­fer­si­t­u­a­tio­nen u. die wis­senschaftl. fundierte Neube­w­er­tung der Heilkun­den u. Volksmedi­zinen, die nicht mit den Begrif­f­en der akademis­chen natur­wis­senschaftl. Schul­medi­zin erfasst wer­den kön­nen. (Pschyrem­bel- Klin­is­ches Wörter­buch, 253. Auflage, Berlin 1977; hier nach der 255. Auflage, S. 489, nahezu unverän­dert noch 259. Aufl. 2002.)

(Diese Def­i­n­i­tion von Ekke­hard Schröder ging in die fol­gen­den Prospek­te der AGEM ein und wurde von Dorothea Sich erweit­ert, hier kur­siv).

Als inter­diszi­plinäres Arbeits­feld beschreibt Eth­nomedi­zin in Anlehnung an eth­nol­o­gis­che Meth­o­d­en im engeren Sinne Konzepte von Gesund­heit, Krankheit und Heilung in Eth­nien und Pop­u­la­tio­nen jeglich­er Prove­nienz, im weit­eren Sinn ver­gle­icht Eth­nomedi­zin ver­schiedene Heil­weisen. Als anthro­pol­o­gis­che Diszi­plin geht sie vom Par­a­dig­ma der Medi­zin als kul­turellem Sys­tem aus. Eth­nomedi­zin sieht Möglichkeit­en und Berech­ti­gung, durch eth­nomedi­zinis­che Forschung gewonnene Erken­nt­nisse für unsere eigene Medi­zinthe­o­rie nutzbar zu machen. Eine beson­dere Auf­gabe bildet neben dem Beschreiben der Heilmit­tel, Heil­tech­niken und ‑konzepte heute vor allem im Rah­men mod­ern­er Gesund­heit­s­pla­nung für die Eth­nomedi­zin, die Kon­flik­t­analyse in medi­zinis­chen Trans­fer­si­t­u­a­tio­nen und die wis­senschaftlich fundierte Neube­w­er­tung der Heilkun­den und Volksmedi­zinen, die nicht mit den Begrif­f­en der akademis­chen natur­wis­senschaftlichen Schul­medi­zin erfasst wer­den kön­nen. (hier nach Edi­to­r­i­al in Curare 5[1982]1: 3)

1979

Sei­dler, Eduard 1979. Wörter­buch medi­zinis­ch­er Grund­be­griffe. Eine Ein­führung in die Heilkunde in 86 Artikeln. Freiburg: Herder, hier: Beitrag Eth­nomedi­zin, bear­beit­et von Ekke­hard Schröder, Wulf Schiefen­höv­el, Ger­hard Rud­nitz­ki, S. 84 – 90 (PDF wird nachge­tra­gen).

1981

Eth­nomedi­zin w [ gr.-lat.], Teil­ge­bi­et der Eth­nolo­gie, das alle mit dem Phänomen Krankheit ver­bun­de­nen Aspek­te wie Krankheit­sur­sachen, ther­a­peut. Maß­nah­men, Heilpflanzen, anatom. Ken­nt­nisse, Ver­hält­nis Kranker-Gesellschaft ins­beson­dere in Kul­turen der Naturvölk­er u. bei Folk-Gesellschaften unter­sucht. Manche dieser auf Erfahrung beruhen­den, über­liefer­ten med. Ken­nt­nisse über die Wirkung bes­timmter Ther­a­piemaß­nah­men u. Arzneimit­tel haben Ein­gang in die mod­erne europ.-am. Med. gefun­den, z. B. Akupunk­tur. (Herder-Lexikon Eth­nolo­gie, Freiburg: Herder 1981, S. 44)

1984

„Die Eth­nomedi­zin. Def­i­n­i­tion und Abgren­zung eines inter­diszi­plinären Konzeptes“, Artikel von Armin Prinz. In Mit­teilun­gen der Anthro­pol­o­gis­chen Gesellschaft in Wien (MAGW) 114: 37–50, Reprint in Curare 15(1992)3: 147–160 (PDF wird nachgetragen).

1985

Medi­z­inan­thro­polo­gie, eine Wis­senschaft kon­sti­tu­iert sich“, Artikel von Joachim Ster­ly. In Mit­teilun­gen der Anthro­pol­o­gis­chen Gesellschaft in Wien (MAGW) 115: 53–64, Reprint in Curare 15(1992)3: 165–176 (PDF wird nachgetragen).

1985

Ramaswamy, Mohan Krischke, Eth­nomedi­zin. Kap 4.2.2., in ders.: Eth­nolo­gie für Anfänger. Eine Ein­führung aus entwick­lungspoli­tis­ch­er Sicht. Opladen: West­deutsch­er Ver­lag: 184–192 (PDF wird nachgetragen).

1987

Streck, Bern­hard (Hg) 1987. Wörter­buch der Eth­nolo­gie. Köln: Dumont.

In 75 the­ma­tis­chen Essays wird das Gebi­et der Eth­nolo­gie vorgestellt, wobei die Eth­nolo­gie als the­o­retis­che Diszi­plin dargestellt wird, in der Mod­elle für die Darstel­lung fremder Kul­tur­erschei­n­un­gen ent­wor­fen und erprobt wer­den. Der Bere­ich der Eth­nomedi­zin ist unter anderem in den Beiträ­gen Krankheit (Th. Hauschild), Nahrung (A. Nip­pa), Ekstase(B. Streck), Magie (B. Streck) u. a. dargestellt.

1988

Eth­nomedi­zin, ein Teil­ge­bi­et der Eth­nolo­gie. Sie unter­sucht unter Zuhil­fe­nahme von Meth­o­d­en und Ergeb­nis­sen ander­er v.a. der medi­zinis­chen Wis­senschaften die Vorstel­lun­gen und Aktiv­itäten des Men­schen inner­halb sein­er Umwelt, die mit seinen Konzep­tio­nen von Gesund­heit und Krankheit zusam­men­hän­gen. Sie macht keinen wer­tenden Unter­schied zwis­chen den einzel­nen Heilkun­den, ins­beson­dere nicht in Hin­blick auf deren Effizienz im natur­wis­senschaftl. Sinn, son­dern betra­chtet alle als kul­turge­bun­dene, organ­isch gewach­sene Sys­teme, mit denen in ein­er Gesellschaft die Prob­leme in Bezug auf Gesund­heit, Krankheit, Heilung und Krankheitsver­hü­tung adäquat gelöst wer­den sollen. Die E. kann region­al-ethno­graphisch oder all­ge­mein-ver­gle­ichend aus­gerichtet sein. Inner­halb der anthro­polog. Wis­senschaft wird sie der Medi­z­inan­thro­polo­gie zuge­ord­net. Unter der für die E. aus­drück­lich geforderten inter­diszi­plinären Arbeitsweise ver­ste­hen wir keine Sum­ma­tion von Einzel­ergeb­nis­sen der beteiligten Wis­senschaften, son­dern eine Inte­gra­tion zu einem eth­nol­o­gis­chen Ergeb­nis. (Armin Prinz)

E. Drobec: Zur Geschichte der E., in: Anthro­pos, 50 (1955); E. Ack­erknecht: Med­i­cine and Eth­nol­o­gy (1971); J. Ster­ly: Zur Wis­senschaft­s­the­o­rie der E., in: Anthro­pos, 69 (1974); T. Hauschild: Zur Ideengeschichte der E., in: Eth­nomedi­zin, IV, 3/4 (1976/77); E. Schröder: Eth­nomed­i­cine and Med­ical Anthro­pol­o­gy, in: Reviews in Anthro­pol­o­gy, 5, No. 4 (1978); A. Prinz: Die E. – Def­i­n­i­tion und Abgren­zung eines inter­diszi­plinären Konzeptes, in: Mitt. d. Anthro­pol. Ges. in Wien (1984); B. Pflei­der­er u. w. Bich­mann: Krankheit u. Kul­tur. Eine Ein­führung in die E. (1985). (Neues Wörter­buch der Völk­erkunde, hrsg. von Wal­ter Hirschberg, Berlin: Reimer 1988, S. 133)

Medi­z­inan­thro­polo­gie, eine inter­diszi­plinäre Forschungsrich­tung, die sich in ein­er Zusam­me­nar­beit von Eth­nolo­gie, Medi­zin und biol­o­gis­chen Wis­senschaften, mit Fra­gen der Humanökolo­gie und Epi­demi­olo­gie, der > Eth­nomedi­zin sowie dem Prob­lem Medi­zin und Kul­tur­wan­del beschäftigt. Sie lehnt sich an die „Med­ical Anthro­pol­o­gy“ der angel­säch­sis­chen Län­der an, ohne sich jedoch the­o­retisch und method­isch vol­lkom­men mit ihr zu iden­ti­fizieren. Ins­beson­dere lehnt sie deren neo­evo­lu­tion­is­tis­chen Ansatz entsch­ieden ab. (Armin Prinz)

R.W. Lieban: Med­ical Anthro­pol­o­gy, in: Hand­book of Social and Cul­tur­al Anthro­pol­o­gy, hg. V. J. J. Honig­mann (Chica­go 1973); J. Ster­ly: Ver­such ein­er sys­tem­at. Ord­nung der Eth­nomedi­zin, in: Eth­nomedi­zin IV, 3/4 (1976/77); G. Forster u. B. Ander­son: Med­ical Anthro­pol­o­gy (New York 1978); A. Prinz: Tra­di­tionelle Medi­zin und Trope­narzt, in: Mitt. d. Öster­re­ich. Ges. f. Tropen­medi­zin u. Par­a­sitolo­gie, 5 (1983); ders.: Die Eth­nomedi­zin – Def­i­n­i­tion und Abgren­zung eines inter­diszip­inären Konzepts, in: Mitt. d. Anthro­pol. Ges. in Wien (1984). (Neues Wörter­buch der Völk­erkunde, hrsg. von Wal­ter Hirschberg, Berlin: Reimer 1988, S. 303)

1989

Eth­nomedi­zin als Abschnitt in Kul­tur und Medi­zin, bear­beit­et von Win­fried Effels­berg und Franz Joseph Ill­hardt, im Lexikon Medi­zin Ethik Recht, hrsg. v. a. Eser u. a. 1989. Freiburg: Herder: Spalte 659–666, Reprint in curare 15,3 (1992) 161–164 (PDF wird nachge­tra­gen).

1993

Hand­buch der Eth­nolo­gie: Festschrift für Ulla Johansen, hrsg. von Thomas Schweiz­er, Mar­garete Schweiz­er und Wal­traud Kokott. Berlin: Reimer. Kap. Medi­z­inan­thro­polo­gie: Herkun­ft, Auf­gaben und Ziele (Beat­rix Plei­der­er), S. 345 – 374.

1994

Eth­nomedi­zin als Stich­wort im Anhang von Sich et al.:

Dieser Begriff wird vielfach im deutschsprachi­gen Raum als Entsprechung zur angel­säch­sis­chen Med­ical Anthro­pol­o­gyangewen­det. Als Syn­onyme, die auch Hin­weise auf die fach­liche Ein­bindung geben kön­nen, gel­ten die Ter­mine Medi­zineth­nolo­gie und Kul­turver­gle­ichende Medi­zinis­che Anthro­polo­gie [Anhang im Lehrbuch, siehe S.178]. 
Im Anhang wer­den weit­er die Begriffe Eth­nomed­i­cine (Sub­diszi­plin der Med­ical Anthro­pol­o­gy) genan­nt, sowie Kul­turver­gle­ichende Medi­zinis­che Anthro­polo­gie als inter­diszi­plinäres Fachge­bi­et, das sozial‑, kul­tur- und natur­wis­senschaftlich­es Wis­sen verbindet, um sys­tem­a­tisch den Zusam­men­hang von Medi­zin und Kul­tur zu erforschen. Der Begriff wird als Entsprechung der Med­ical Anthro­pol­o­gy im angel­säch­sis­chen Sprachraum betra­chtet [Anhang, S. 182]. Ver­gle­iche Dorothea Sich, Hans Jochen Dies­feld, Ange­li­ka Deign­er, Moni­ka Haber­mann (Hg): Medi­zin und Kul­tur. Eine Propädeu­tik für Studierende der Medi­zin und Eth­nolo­gie mit 4 Sem­i­naren in Kul­turver­gle­ichen­der Medi­zinis­ch­er Anthro­polo­gie (KMA). (Medi­zin in Entwick­lungslän­dern 34). Frank­furt: Peter Lang.

1999a

Eth­nomedi­zin wird unter­schiedlichen Auf­fas­sun­gen gemäß entwed­er als Teil­ge­bi­et von Medi­zin oder > Anthro­polo­gie (Medi­z­inan­thro­polo­gie) ver­standen, als Sub­diszi­plin der Eth­nolo­gie betra­chtet (und wäre dann tre­f­fend­er als Medi­zineth­nolo­gie zu beze­ich­nen), bzw. als „Kom­plex von Inhal­ten und Phänome­nen aus dem Über­schnei­dungs­feld von Eth­nolo­gie und Medi­zin“ (Wal­ter). Zen­tral ist die Erforschung je nach > Kul­tur ver­schieden­er Erk­lärungsmod­elle von „Gesund­heit“ und „Erkrankung“ (d. h. von „Krankheit“ und „Krank­sein“), von kul­tur­spez­i­fis­chen Diag­nosetech­niken, Ther­a­pi­en bzw. Indika­tio­nen und Pro­phy­lax­en, der Inter­ak­tion zw. > Heil­er, Patient und sozialer Umwelt sowie von Erken­nt­nis­sen und Prak­tiken im Umgang mit > Geburt und > Tod, aber auch von durch Kon­fronta­tion tra­di­tioneller und „west­lich­er“ Medi­zin­sys­teme her­vorgerufe­nen Ver­w­er­fun­gen und Kon­tak­ter­schei­n­un­gen. Insofern schließt E. Aspek­te von > Ethnopsy­chi­a­trie, > Eth­nob­otanik und > Ethnophar­makolo­gie mit ein. Sie bedi­ent sich fern­er medi­zin­sozi­ol­o­gis­ch­er wie demographis­ch­er Erhe­bung­stech­niken und Fragestel­lun­gen. – Um fremde Medi­zin­sys­teme adäquat inter­pretieren, d. h. als Aus­druck von kul­turell gebet­teten Bedeu­tungsin­hal­ten erfassen zu kön­nen, hat sich die E. heute weit­ge­hend von herkömm­lich-natur­wiss. Merk­mals­bes­tim­mungen und Tax­onomien gelöst und oft angenähert an die Meth­o­d­en der > Kog­ni­tiv­en Eth­nolo­gie oder mit Mit­teln der > dicht­en Beschrei­bung operierend, angemessene Begriffe, Kat­e­gorien und Kri­te­rien entwick­elt. Neben Beschrei­bung, Ver­gle­ich und Deu­tung kul­turge­bun­den­er Medi­zin­sys­teme tritt zunehmend die Frage nach prak­tis­ch­er Anwen­dung („alter­na­tive“ Medi­zin, > Entwick­lung­spro­jek­te, phar­mazeutis­che Forschung usw.). (Wolf­gang Müller)

V. Turn­er: The Drums of Afflic­tion (Oxford 1968); E. H. Ack­erknecht: Med­i­cine and Eth­nol­o­gy (Bal­ti­more 1971); Cul­ture, Dis­ease, and Heal­ing, hg. V. D. Landy (New York u. Lon­don 1977); E Schröder, W. Schiefen­höv­el u. G. Rud­nitz­ki: Eth­nomedi­zin, in: Wörter­buch medi­zinis­ch­er Grund­be­griffe, hg. v. E. Sei­dler (1979); The Rel­e­vance of Social Sci­ence for Med­i­cine, hg. v. L. Eisen­berg u. a. Klein­man (Dor­drecht 1981); P. Hin­der­ling: Krank­sein in “prim­i­tiv­en” und tra­di­tionalen Kul­turen (1981); A. Wal­ter: Eth­nomédicine et anthro­polo­gie médi­cale, in: CSH, 18/4 (1983); B. u. E. A. Berlin: Anthro­po­log­i­cal Issues in Med­ical Anthro­pol­o­gy, in: Ciba Foun­da­tion Sym­po­sium 185 (1994); B. Pflei­der­er, K. Greifeld u. w. Bich­mann: Rit­u­al und Heilung, Ein­führung in die Eth­nomedi­zin (1995).
(Wörter­buch der Völk­erkunde, begr. von Wal­ter Hirschberg, grundle­gend über­ar­beit­ete und erweit­erte Neuaus­gabe, Berlin: Reimer 1999, S. 107)

Medi­zineth­nolo­gie > Eth­nomedi­zin (ebd., S. 250)

1999b

Eth­nomedi­zin (Eth­nomedi­zin nach Pschyrem­bel Naturheilkunde 1996 und 1999, hier nach let­zter­er Ver­sion ger­ingfügig mod­i­fiziert). Eth­nomedi­zin (gr. Eth­nos = Volk; lat. ars med­i­c­i­na, ärztliche Kun­st) f: Begriff, der wörtlich der im 19. Jahrhun­dert aufgekomme­nen Beze­ich­nung Volksmedi­zin, der im Volk seit Alters her über­liefer­ten Heilkunde entspricht; ent­stand aus dem Inter­esse von Ärzten an der Medi­zin kolonisiert­er Völk­er (die als prim­i­tive Medi­zin beze­ich­net wurde) u. der ein­heimis­chen Volksmedi­zin. Die lin­ear-evo­lu­tion­is­tis­che Auf­fas­sung der Entwick­lung von ein­er prim­i­tiv­en Medi­zin zur sog. mod­er­nen Medi­zin geri­et in den 50er-Jahren in die Kri­tik u. wurde durch die Unter­suchung von Medi­zin­sys­te­men in den 70er-Jahren abgelöst (vgl. >Medi­zin­sys­tem). Der Begriff E. hat in der Bun­desre­pub­lik Deutsch­land weite Ver­bre­itung gefun­den, obwohl Herkun­ft u. Stan­dort keineswegs endgültig gek­lärt sind. Während in den USA u. Eng­land die med­ical anthro­pol­o­gy u. in Frankre­ich die anthro­polo­gie médi­cale eine in der uni­ver­sitären Forschung u. Lehre vertretene sozial­wis­senschaftliche Fachrich­tung ist, kon­nte die Eth­nomedi­zin in der Bun­desre­pub­lik Deutsch­land bish­er nicht als eigen­ständi­ges Fach all­ge­meine Anerken­nung find­en. Aus dem Blick­winkel der Medi­zin her­aus und in enger inhaltlich­er Anlehnung an die Konzepte der US-amerikanis­chen med­ical anthro­pol­o­gy wurde der Ter­mi­nus „kul­turver­gle­ichende medi­zinis­che Anthro­polo­gie“ (Abkürzung KMA) geprägt. Von eth­nol­o­gis­ch­er Seite aus wird die Beze­ich­nung Medi­zineth­nolo­gie favorisiert, die gle­ichzeit­ig die inhaltliche u. method­is­che Bes­tim­mung durch die Eth­nolo­gie als Sozial­wis­senschaft u. die Notwendigkeit der Kom­bi­na­tion ver­schieden­er wis­senschaftlich­er Per­spek­tiv­en betont. Daneben find­et sich auch der Begriff Medi­z­inan­thro­polo­gie oder medi­zinis­che Anthro­polo­gie. So bleibt Eth­nomedi­zin in der Bun­desre­pub­lik Deutsch­land ein inter­diszi­plinäres Arbeits­feld, das von unter­schiedlichen Diszi­plinen aus definiert und mit unter­schiedlichen Schw­er­punk­t­set­zun­gen betrieben wird. Inhaltlich geht es in der E. nicht mehr nur um alle „For­men der Heilkunde außer­halb der akademis­chen Medi­zin“ (Hauschild 1976); in den let­zten Jahren wird auch die akademis­che Medi­zin selb­st immer mehr zum Unter­suchungs­ge­gen­stand der E. (s. Syn­drom, kul­turge­bun­denes). Damit hat E. sich über die Unter­suchung des Umgangs mit Gesund­heit u. Krankheit in der anderen, frem­den Kul­tur hin­aus entwick­elt. Die Grund­lage dafür ist ihre method­is­che Ver­ankerung in den Kul­tur­wis­senschaften. Heute unter­sucht die E. alle Medi­zin­sys­teme in ihren biol­o­gis­chen u. kul­turellen Dimen­sio­nen. Durch die Unter­schei­dung von Krankheit* u. Krank­sein* stellt sie das kul­turell Spez­i­fis­che ein­er Erkrankung her­aus: Die psy­chosoziale Erfahrung u. Bedeu­tung der wahrgenomme­nen Erkrankung ist Aus­druck der jew­eils spez­i­fis­chen Wirk­lichkeit des Men­schen. So entste­hen Konzep­tio­nen von Gesund­heit u. Erkrankung (s. Erk­lärungsmod­ell), welche die Vorstel­lun­gen u. Aktiv­itäten des Men­schen leit­en u. welche inner­halb eines gewach­se­nen Medi­zin­sys­tems sin­nvoll sind. Daher zielt E. nicht auf Wer­tung einzel­ner Medi­zin­sys­teme, v. a. nicht im Hin­blick auf die Effizienz eines natur­wis­senschaftlich-tech­nis­chen Ansatzes. Heilung* ist eine Funk­tion des Medi­zin­sys­tems als Ganzem, Cop­ing* beze­ich­net die Fähigkeit des Einzel­nen, sein Erkrankung­sprob­lem bewälti­gen zu kön­nen. Auf dieser Basis kri­tisiert E., ins­beson­dere die kul­turver­gle­ichende medi­zinis­che Anthro­polo­gie, eine kul­tur­blinde Gesund­heit­serziehung, speziell in Zusam­men­hang mit medi­zinis­chen Inter­ven­tio­nen in den sog. Entwick­lungslän­dern, wo Medi­z­in­trans­fer* zum Zusam­men­tr­e­f­fen von Medi­zin­sys­te­men auf ver­schiede­nen Ebe­nen führt. (Anmerkung der Redak­tion: * bezieht sich auf Ver­weis­stich­worte in dem genan­nten Pschyrem­bel). (Thomas Lux).


Diese Über­sicht ist entsprechend des Gebrauchs des Begriffs „Eth­nomedi­zin“ bis 2000 zusam­mengestellt. Sie erhebt nicht den Anspruch auf Voll­ständigkeit. Hin­weise erwün­scht. Text: Ekke­hard Schröder   www.agem-ethnomedizin.de   Stand 01.10.2011.
Eine über­ar­beit­ete und ergänzte Ver­sion ist geplant.

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Jean Benoist, *24. Novem­ber 1929
Jean Benoist, emer­i­tiert­er Pro­fes­sor an der Uni­ver­sität Paul Cézanne zu Aix/Marseille, ist während der 16. Fachkon­ferenz Eth­nomedi­zin „30 Jahre Fachkon­feren­zen Eth­nomedi­zin der AGEM 1973–2003” 2003 in Hei­del­berg zum Ehren­mit­glied der Arbeits­ge­mein­schaft Eth­nomedi­zin ernan­nt wor­den. Es ent­stand über ihn 1993 zu Koop­er­a­tion mit der Gesellschaft A.M.A.D.E.S. („Anthro­polo­gie médi­cale appliquée au développe­ment et à la san­té” mit dem gle­ich­nami­gen Bul­letin) in Mar­seille und Aix. Pro­fes­sor Benoist, „Voll­blutmedi­zin­er“ und Eth­nologe, hat schon früh in Frankre­ich der „Eth­nomédecine” wesentliche Impulse durch die Kon­turierung und Pro­fil­ierung ein­er „Anthro­polo­gie Médi­cale Appliquée” ver­liehen. In seinem dama­li­gen „Lab­o­ra­toire d ’écolo­gie humaine” in Aix-en-Provence hat sich der Kern ein­er für die gesamte Franko­phonie wichti­gen Diskurs­ge­mein­schaft für den Bere­ich „Medi­z­inan­thro­polo­gie” her­aus­ge­bildet, die sich durch zahlre­iche wis­senschaftliche Veröf­fentlichun­gen pro­fil­iert hat (vgl. auch die Buchrei­he von „Amades”). Er hat davor lange in Mon­tréal, Cana­da, gewirkt und u. a. in der Karibik, in Afri­ka und auf der Insel Réu­nion geforscht. Schon früh set­zte er sich für eine inten­sive Erforschung der soziokul­turellen Umstände der HIV/Aids-Epi­demie ein. Als inspiri­eren­der Lehrer hat er viele junge Eth­nologin­nen und Eth­nolo­gen und Medi­ziner­in­nen und Medi­zin­er in Dok­torar­beit­en und bei der Durch­führung ihrer Feld­forschun­gen als Men­tor begleitet.

Der abge­bildete Buchein­band mit dem Por­trait von Jean Benoist trägt das Erschei­n­ungs­jahr 2000. Seine Pub­lika­tio­nen kön­nen hier einge­se­hen wer­den: http://classiques.uqac.ca/contemporains/benoist_jean/benoist_jean.html

Hans Jochen Dies­feld, *18. April 1932
Hans-Jochen Dies­feld, Prof. em. Dr. med., Internist und Tropen­medi­zin­er, hat der deutschen medi­zinis­chen Entwick­lungszusam­me­nar­beit wesentliche Impulse gegeben. Er war nach zwei­jähri­gen Aus­land­ser­fahrun­gen als Internist in Addis Abe­ba und ein­er fol­gen­den Post­graduierten-Aus­bil­dung in Pub­lic Health in Lon­don ab 1967 Mitar­beit­er (Habil­i­ta­tion 1969) und später ab 1975 bis 1997 Direk­tor des Insti­tuts für Tropen­hy­giene und Öffentlich­es Gesund­heitswe­sen der Uni­ver­sität Hei­del­berg (ITHÖG), heute IPH (Inst Pub­lic Health). 
Im inter­diszi­plinären Geiste des 1962 gegrün­de­ten Südasienin­sti­tuts der Uni ent­stand unter sein­er Fed­er­führung der Kurs „Medi­zin in Entwick­lungslän­dern” 1974 in Hei­del­berg, der das tropenärztliche Kur­riku­lum reformierte und die ökonomis­chen und sozio-kul­turellen Aspek­te in der medi­zinis­chen Entwick­lungszusam­me­nar­beit erst­ma­lig sub­stanziell in die post­graduierte ziel­be­zo­gene Fort­bil­dung für aus­reisende Ärzte ein­be­zog. Auf der 16. Fachkon­ferenz Eth­nomedi­zin in Hei­del­berg 2003 wurde er zum Ehren­mit­glied ernan­nt. Seit 1998 wohnt er mit sein­er Frau Inge­borg, der langjähri­gen Geschäfts­führerin der AGEM in den 1980er-Jahren (1981–1988), wieder in Starn­berg, wo bei­de auch aufwuch­sen.
Das Foto stammt aus „Quer­bezüge und Bedeu­tung der Eth­nomedi­zin in einem holis­tis­chen Gesund­heitsver­ständ­nis. Festschrift zum 60. Geburt­stag von Hans-Jochen Dies­feld”, Curare 15(1992)1+2 inklu­sive ein­er kom­plet­ten Pub­lika­tion­sliste bis 1992. Er ist unter anderem Her­aus­ge­ber der Rei­he „Medi­zin in Entwick­lungslän­dern” gewe­sen (Bd. 1(1979) bis 50 (2004), vlg. Peter Lang).

Sjaak van der Geest, * 20. Juni 1943
In the annu­al assem­bly of AGEM on Novem­ber 15, 2013, at St. Augustin dur­ing the 26th ‘Fachkon­ferenz Eth­nomedi­zin’, three mem­bers of AGEM pro­posed to elect Prof. Sjaak van der Geest, anthro­pol­o­gist and Pro­fes­sor emer­i­tus at the Uni­ver­si­ty of Ams­ter­dam, to be hon­orary mem­ber of AGEM. Ekke­hard Schröder point­ed out the long con­tacts which start­ed already, when the first books in „eth­nomed­i­cine” – as med­ical anthro­pol­o­gy was called in the ear­li­er days – were pro­duced in the late 1970th here and in Hol­land* and else­where. He added the spe­cial com­mit­ment of Prof. van der Geest in cre­at­ing the fruit­ful dis­course on “phar­ma­ceu­ti­cal anthro­pol­o­gy” of the last twen­ty years and remem­bered Sjaak’s reports “Beyond the Anglo­phone World” in Soc Sci Med in the 1990th as well. Kata­ri­na Greifeld remem­bered him as the founder of the jour­nal “Medis­che Antropolo­gie” (1989–2012) and his ini­ti­a­tion of the series of Euro­pean con­fer­ences called MAAH, Med­ical Anthro­pol­o­gy at Home. Wolf­gang Bich­mann at least men­tioned his engage­ments and mer­its in anthro­po­log­i­cal health sys­tem research­es. He lives near Ams­ter­dam on a pold­er in Oud Ade. The pho­to shows him as author in Curare. His per­son­al web­site shows his com­plete bib­li­og­ra­phy
www.sjaakvandergeest.nl 

com­ing soon

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Dieser Punkt befind­et sich im Auf­bau. Er wird von Ekke­hard Schröder gestal­tet und die Geschichte des Vere­ins dokumentieren.

Kon­takt:
ee.schroeder@t‑online.de