Datum
07. Mai 2025
Göttinger KA/EE-Institutskolloquiums
Marie Fröhlich: „Wer ist denn eigentlich verantwortlich hier?” Reproduktionsregimeanalytische Perspektiven auf Körper- und Gesundheitspolitiken rund um Geburt
07.05.2025 – 16–18 Uhr – KWZ 1.610 und via Zoom
Abstract:
Über die vergangenen rund zwei Jahrzehnte haben verschiedene Entwicklungen im Gesundheitswesen zu Verschiebungen der (infra-)strukturellen Bedingungen der Geburtshilfe geführt. Als deren Effekte werden bspw. ein „Hebammenmangel“, hohe Interventionsraten oder Kreißsaalschließungen kritisiert. Über die konkrete geburtshilfliche Versorgung hinaus rückt dies Akteure, Praktiken und Diskurse der Gesundheitspolitik in den Fokus: Wer „macht“ eigentlich Gesundheitspolitik rund um Geburt? Wer und was zählt darin? Basierend auf einer ethnographischen Reproduktionsregimeanalyse rücke ich in dem Vortrag das empirische Beispiel der Entwicklung medizin- und hebammenwissenschaftlicher Leitlinien in den Fokus. Diese erweisen sich als vielschichtige politische Projekte rund um Wissen, Versorgungsideale und ‑standardisierung, Regulierungslogiken, Professionspolitiken und Rechte. Deutlich wird, wie sich in Körper- und Gesundheitspolitiken rund um Geburt als kontingenten Projekten des Guten konfligierende Rationalitäten (medizinische bzw. rechtliche Sicherheit, Care, Ökonomisierung, Versorgungsverantwortung) in neuartiger Weise verschränken.
Zu Marie Fröhlich:
Nach einem BA- und MA-Studium der Kulturanthropologie / Europäischen Ethnologie und Politikwissenschaft in Göttingen und Ljubljana, arbeitete Marie Fröhlich als Wiss. Mitarbeiterin in der KAEE in Göttingen. Ihre Dissertation, aus der sie in diesem Vortrag berichtet, beschäftigt sich mit gesundheits- und körperpolitischen Aushandlungen rund um Geburt. Sie fokussiert in ihrer breiteren Forschung ferner Politiken der Reproduktion, Feminismus, Körper und Geschlecht, das Gesundheitswesen und soziale Ungleichheit, auf die sie unter anderem mit der anthropology of policy und der Regimeanalyse schaut – am Schnittpunkt zur Migrations- und Grenzregimeforschung. Sie ist Gründungsmitglied von „Prina – interdisziplinäres Forscher*innennetzwerk Politiken der Reproduktion“; gefördert durch die Böll Stiftung. 2023 und 2024 entstand daraus die Policy-Paper-Reihe „Körper, Kinder, Kassensturz – Handlungsempfehlungen zum Koalitionsvertrag“. Zudem ist sie Moitherausgeberin des Sammelbandes „Politiken der Reproduktion. Umkämpfte Forschungsperspektiven und Praxisfelder“ (transcript 2022, Hg. mit Ronja Schütz und Katharina Wolf).
Teilnahme via Zoom über folgende Einwahldaten:
https://uni-goettingen.zoom‑x.de/j/67272576697?pwd=LIoLGagyjbqVaCOhjJ9BoqXtL6auM4.1
Meeting-ID: 672 7257 6697
Kenncode: 171581
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Unter dem Titel Konturen des Kontemporären: Einblicke in laufende Forschungen der Göttinger Kulturanthropologie/Europäischen Ethnologie rückt das Institutskolloquium im Sommersemester 2025 im Sinne einer Forschungswerkstatt laufende oder just abgeschlossene Forschungsprojekte von Instituts- und Projektmitarbeitenden zu aktuellen Problemlagen, Diskursen, Krisen, Politiken und Regimen in den Blick. Das Kolloquium schließt damit an das vergangene Wintersemester an, in dem jene Forschungsarbeiten am und rund um das Institut im Fokus standen, die sich mit Bezügen von der Gegenwart auf die Vergangenheit beschäftigen. Das Kolloquium startet am 23.04., das vollständige Programm ist angehängt. Alle Veranstaltungen sind hybrid angelegt.