AGEM
Willkommen bei der Arbeitsgemeinschaft Ethnologie und Medizin (AGEM)
Die AGEM ist ein 1970 gegründeter gemeinnütziger Verein mit dem Ziel, die Zusammenarbeit zwischen der Medizin, den angrenzenden Naturwissenschaften und den Kultur‑, Geistes- und Sozialwissenschaften zu fördern und dadurch das Studium des interdisziplinären Arbeitsfelds Ethnologie und Medizin zu intensivieren.
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Curare
Zeitschrift für Medizinethnologie
Veranstaltungen
Gefühle und Sinne in der Geschichte der Medizin
Konferenz
42. Stuttgarter Fortbildungsseminar des Instituts für Geschichte der Medizin des Bosch Health Campus
Das 42. Stuttgarter Fortbildungsseminar des Instituts für Geschichte der Medizin des Bosch Health Campus befasst sich mit Gefühlen und Sinnen in der Geschichte der Medizin. Nachwuchswissenschaftler:innen haben die Möglichkeit, Potentiale in diesen Forschungsfeldern in verschiedenen Epochen und Regionen auszuloten und ihre eigenen Projekte zu präsentieren.
42. Stuttgarter Fortbildungsseminar
Gefühle und Sinne sind keine ahistorischen Konstanten, sondern kulturell und historisch wandelbar. Forschungsarbeiten aus der Sinnes- und der Emotionsgeschichte haben es eindrücklich gezeigt: Gefühle und Sinne haben und machen Geschichte.
Angst, Liebe, Ekel oder Trauer sind an den jeweiligen historischen Kontext rückgebunden, bringen ihn zugleich aber auch hervor. Gefühle existieren in einem Spannungsfeld zwischen individueller körperlicher Erfahrung und gesellschaftlicher Konstruktion. So grenzten sich alternativmedizinische Akteursgruppen auf dem medizinischen Markt durch emotionale Zuschreibungen wie ärztliche „Operationswut“ und „wissenschaftliche Kälte“ von der „schulmedizinischen“ Praxis ab. Aus patientengeschichtlicher Perspektive sind Gefühle und Emotionen überaus wichtig, nicht zuletzt, wenn sie von den gesellschaftlichen Normvorstellungen abwichen und pathologisiert wurden. Auch der Wandel medizinischer Behandlungsmethoden hatte Auswirkungen auf die Emotionen von Patient:innen. So verschob bspw. die Einführung und Verbreitung von Narkotika die Ängste der Behandelten von den Schmerzen zu einem Kontrollverlust.
Gerade in der Vormoderne spielte die sensorische Wahrnehmung bei der Beurteilung von Gesundheit und Krankheit eine entscheidende Rolle. Der Gesundheitszustand von Patient:innen konnte durch bloßes Ansehen des Urins während der Harnschau beurteilt werden. Ansteckende Krankheiten sowie das todbringende Miasma konnten hingegen gerochen werden. Doch auch in der Moderne blieben Sinne in der Medizin zentral, beispielsweise das Ertasten von schmerzenden Körperregionen für die Selbstdiagnose oder das Hören mit Hilfe eines Stethoskops für die Diagnose durch medizinisches Fachpersonal.
Über diese inhaltlichen Thematiken hinaus lässt sich aber auch grundsätzlich über die Chancen und Herausforderungen eines emotions- oder sinneshistorischen Ansatzes für die medizingeschichtliche Forschung nachdenken. Wie lassen sich die beiden eigenständigen und in den letzten Jahren höchst dynamischen Forschungsfelder in einen Dialog bringen? Auf welche begrifflichen Konzepte und welche Quellen lässt sich zurückgreifen, um die Rolle von Sinnen und Gefühlen in der Medizingeschichte zu untersuchen?
Für das 42. Stuttgarter Fortbildungsseminar 2025 sollen diese Problematiken mit unterschiedlichen Ansätzen und Methoden für verschiedene Epochen und Regionen beleuchtet werden.
Als Vorschlag und Anregung sind folgende Themengebiete denkbar:
Patient:innengefühle: Welche Gefühle brachten Patient:innen im Laufe der Geschichte mit der medizinischen Behandlung in Verbindung? Welchen Einfluss hatte dies auf das Verhältnis von Ärzt:innen, anderen Gesundheitsberufen und Patient:innen? Lässt sich etwa von verschiedenen „emotional communities“ (Rosenwein) sprechen?
Geschlecht, Sinn und Gefühl: Inwiefern lassen sich geschlechtsspezifische Normen, Zuschreibungen und Deutungen in Bezug auf Sinne und Gefühle in der Medizingeschichte feststellen?
Sensorik in der Medizin: Welche Sinneswahrnehmungen spielten und spielen bei der Beurteilung von Krankheit und Gesundheit eine Rolle? Lassen sich epochenübergreifende Konstanten und zentrale Zäsuren ausmachen? Welche Perspektiven eröffnet die Sinnesgeschichte nicht zuletzt für eine Geschichte der Medizin, die über den Menschen hinausdenkt?
Gefühle und Sinne in der Wissensproduktion: Welche Rolle spielten menschliche (und tierliche) Gefühle und Sinne für die Produktion von medizinischem Wissen? Inwiefern beeinflussen Emotionen auch die Arbeit von Medizinhistoriker: innen?
Pathologisierung von Gefühlen und Sinnen: Gefühlsregungen, die im jeweiligen Zeitkontext von der „Normalität“ abwichen, wurden oftmals als Krankheiten gedeutet. Dabei war der Übergang von „gesund“ zu „krank“ fließend und hing von ganz unterschiedlichen Faktoren ab. Welche waren das? Lassen sich für bestimmte Epochen spezifische „Gefühlsregime“ (Reddy) ausmachen?
Andere, dem Thema im weitesten Sinne verwandte Fragestellungen und Projekte sind ebenfalls willkommen.
Das Stuttgarter Fortbildungsseminar des Instituts für Geschichte der Medizin des Bosch Health Campus unterscheidet sich von klassischen Fachtagungen. Es ist ein interdisziplinäres Forum für Nachwuchswissenschaftler:innen, dessen zentrale Anliegen der Austausch und die inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Thema der Tagung vornehmlich in historischer Perspektive sind. Der Fokus liegt daher auf innovativen methodischen Herangehensweisen, neuen Fragestellungen und Ideen und weniger auf perfekt ausgearbeiteten Präsentationen. So dient die Tagung auch der Vernetzung von Forschenden in einem frühen Stadium ihrer Karriere.
Vor Beginn der Tagung werden die Abstracts zu den einzelnen Vorträgen an alle Teilnehmenden versandt, um eine bessere Vorbereitung zu ermöglichen. Erwünscht ist die Anwesenheit während der gesamten Tagung, um inhaltliche Bezüge zwischen den Beiträgen zu ermöglichen.
Das Seminar findet vom 07.04. bis 09.04.2025 in Stuttgart statt.
Ablauf
Die Auswahl der Beiträge, die Gestaltung des endgültigen Programms und die Moderation der Sektionen liegen in den Händen einer Vorbereitungsgruppe (Sara Müller, Teresa Schenk, Dirk Modler, Pierre Pfütsch). Die Auswahl der Teilnehmenden wird durch die Vorbereitungsgruppe anhand anonymisierter Vorschläge vorgenommen.
Für jeden Beitrag sind 45 Minuten eingeplant, wobei max. 20 Minuten für den Vortrag zur Verfügung stehen und 25 Minuten für die Diskussion. Bei Arbeitsgruppen (vorzugsweise zwei Personen) erhöht sich das Zeitbudget für den Vortrag und die anschließende Diskussion auf eine Stunde. Die Tagungssprache ist Deutsch, einzelne Vorträge können allerdings auch auf Englisch gehalten werden. Die Teilnahme wird vom Institut für Geschichte der Medizin des Bosch Health Campus finanziert. Dies schließt die Übernachtungen, gemeinsame Mahlzeiten und Bahnreisen 2. Klasse (in Ausnahmefällen günstige Flüge) ein. Kosten für eine Anreise per PKW werden nicht erstattet.
Anmeldung
Ein Exposé von max. einer Seite, aus dem Titel, Fragestellung, Methoden, verwendete Quellen und mögliche Thesen/Ergebnisse hervorgehen, sowie eine Kurzvita, senden Sie bitte bis zum 12. Januar 2025 per E‑Mail (gerne als Word-Datei) an Dr. Pierre Pfütsch pierre.pfuetsch@igm-bosch.de.
Between Disparities and Neglect: Anthropological Approaches to minority health and Wellbeing
Konferenz
Panel in the frameworks of ASA 2025 conference „Critical Junctions: Anthropology on the Move”
Call for papers for the ASA 2025 conference „Critical Junctions: Anthropology on the Move”
8th-11th of April 2025 in Birmingham, England.
Panel titled „Between Disparities and Neglect: Anthropological Approaches to minority health and Wellbeing”
Deadline for Panel propositions is 23:59 GMT on 18th November 2024.
Panel description
This panel aims to explore the complex intersections of health, wellbeing, and marginalisation, focusing on how anthropology, including critical medical anthropology theories and methodologies, can examine the lived experiences of minority communities facing health disparities worldwide. Contributions will critically examine both the challenges and opportunities inherent in conducting research with marginalised groups, particularly in contexts where systemic neglect, discrimination and sociocultural factors contribute to significant inequities in health outcomes. Through ethnographic studies, community-engaged research, and critical analysis, the discussion will address diverse topics, including access to healthcare, mental wellbeing, the impact of historical trauma, and the role of alternative care practices in promoting resilience, among others. The panel is also interested in addressing the ethical implications of academic research with vulnerable populations, engaging in a critical dialogue on how to ensure that research practices do not perpetuate harm and inequalities but instead contribute to social justice and empowerment. By centring the debate on minority voices and perspectives, this panel aims to provide a nuanced understanding of how anthropology can help address and mitigate health disparities, highlighting both the potential for positive change and the responsibilities that come with such work.
More information on the Panel (Code: P07) and the full programme for the event can be found here
Call for Papers here
If you have any questions, please do not hesitate to contact us via the webpage platform or email.
Muriel Lamarque: M.Lamarque@shu.ac.uk
Sadiq Bhanbhro : S.Bhanbhro@shu.ac.uk
Ethical frameworks, health-seeking and care pathways in superdiverse environments.
Panel
Panel at ASA UK conference in Birmingham
CfP for a Panel on „Ethical frameworks, health-seeking and care pathways in superdiverse environments”
ASA UK conference in Birmingham
8–11th April 2025
Short Abstract:
This panel explores ethnographically how ethics shapes health-seeking behaviours and how health services may design care pathways that accommodate diverse moral worldviews. Ethical frameworks and lived experience ‑especially in situations of precarity- shape how people navigate health services.
Long Abstract
Ethical frameworks, health-seeking and care-pathways in superdiverse environments.
To provide adequate services, health providers and civil society organisations need for their care pathways to be adapted to the reality of health-seeking practices. In turn, in superdiverse environments, advice and health-seeking differs between social groups (according to gender, income, race and ethnicity, migration status and so on). In circumstances of extreme precarity – cost of living crisis, in-poverty employment, racism and discrimination, etc.- uncertainty and lived experience play a major role (MacGregor et al 2020).
People do not behave in a predicted linear fashion solely according to their socio-demographic characteristics, but rather experience precarious life and deal with emergent and unexpected challenges and priorities of an uncertain environment (Al-Mohammad and Peluso 2012). In turn people practice moral navigation, adapting and reassessing their values, priorities and health decisions as their therapeutic itinerary unfolds, rather than following fixed pathways (White and Jha 2021).
People’s ethical frameworks – how they behave as ethical agents, morally bound to others (their peers, their families, etc.)- shape how people seek health advice and their decisions when engaging with health providers and public services (Ripoll et al 2022).
This panel is seeking ethnographic papers that contribute to the following questions:
– How do people’s moral and ethical demands shape their health-seeking practices?
– Do people face moral conundrums when deciding to make particular decisions in health care or in and how do they
– What role does uncertainty and emergence play in this moral navigation of health services?
– How do health service providers take into account people’s moral lives when assessing people’s navigation of health services?
– Can care pathways be adapted to the different moral worldviews of the people they wish to support through the health system?
This panel will aim to bring together ethnographic insights from the field of anthropology of ethics with applied anthropology in the context of health.
References:
Al-Mohammad, H., & Peluso, D. (2012). Ethics and the “rough ground” of the everyday: the overlappings of life in postinvasion Iraq. HAU: Journal of Ethnographic Theory, 2(2), 42–58.
MacGregor, H., Ripoll, S., & Leach, M. (2020). Disease outbreaks: navigating uncertainties in preparedness and response. Taylor and Francis.
Ripoll, S., Ouvrier, A., Hrynick, T., & Schmidt-Sane, M. (2022). Vaccine Equity in Multicultural Urban Settings. A comparative analysis of local government and community action, contextualised political economies, and moral frameworks in Marseille and London
White, S. C., & Jha, S. (2021). Moral navigation and child fostering in Chiawa, Zambia. Africa, 91(2), 249–269.